Maßnahmen gegen Resistenzen noch ungenügend

Jedes Jahr wird von der Weltgesundheitsorganisation vom 18. bis 24. November die European Antibiotic Awareness Week begangen. Ziel ist es, mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig der sorgfältige Umgang mit Antibiotika ist und wie dringend neue Ansätze gebraucht werden, um Infektionen auch in Zukunft wirksam zu bekämpfen. Unter dem Motto „Bewusstsein schaffen – Resistenzen entschärfen – Alternativen evaluieren“ finden verschiedene Veranstaltungen statt, und Organisation und Verbände machen in unterschiedlicher Art und Weise darauf aufmerksam, was eine weitere Zunahme von Resistenzen für die Gesundheit von Mensch und Tier bedeutet. Denn weltweit nimmt die Zahl der Resistenzen zu, auch in der EU und im europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Das bedeutet, gegen Infektionen mit bestimmten, meist multiresistenten Erregern, gibt es kaum noch oder keine Behandlungsmöglichkeiten mehr, wodurch diese oftmals tödlich enden.

Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) schätzt, dass antimikrobiell resistente Infektionen in der EU/im EWR jedes Jahr mehr als 35.000 Todesfälle verursachen. Darüber hinaus untergrabe der Anstieg resistenter Infektionen die moderne Medizin und gefährde lebensrettende Verfahren wie Organtransplantationen, Krebstherapie, Chirurgie und Intensivmedizin.

Pharma Deutschland ruft daher dazu auf, den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen entschlossen fortzusetzen. Der Verband betont, dass ein verantwortungsvoller Einsatz der vorhandenen Antibiotika allein nicht genügt: Nur durch gezielte Förderung von Forschung, Produktion und Vorhaltung innovativer wie bewährter Wirkstoffe könne die Versorgung langfristig gesichert werden. Zu den zentralen Forderungen von Pharma Deutschland zählen neue Vergütungsmodelle für Reserveantibiotika, gezielte Innovationsförderung sowie eine langfristig abgesicherte Finanzierung der Produktionskapazitäten.

„Antibiotika sind ein unverzichtbarer Baustein moderner Medizin. Doch Forschung und Vorhaltung von Reserveantibiotika sind derzeit wirtschaftlich kaum tragfähig. Wir laufen Gefahr, in wenigen Jahren nicht mehr ausreichend wirksame Mittel zur Verfügung zu haben”, erklärte Dr. Elmar Kroth, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Mit Blick auf das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) würdigte Kroth, dass erste Schritte in die richtige Richtung unternommen wurden. „Doch die Regelungen gehen noch nicht weit genug, um die Vorhaltung von Reserveantibiotika nachhaltig zu gewährleisten.”

Neben der Entwicklung neuer Antibiotika müsse auch der Erhalt bewährter Wirkstoffe gesichert bleiben. Gerade das Prinzip der Reserveantibiotika sei sensibel und benötige dauerhafte Unterstützung, so Dr. Esther Wohlfarth, Geschäftsführerin von Antiinfectives Intelligence. Es bestehe dringender Handlungsbedarf.

Dr. Corinna Templin, Leiterin Market Access & Pricing Germany bei Berlin-Chemie AG, warnt: „Die Entwicklung, Produktion und Vorhaltung von Reserveantibiotika ist kostenintensiv und mit hohen regulatorischen Anforderungen verbunden. Gleichzeitig sind die Absatzmengen begrenzt – und damit auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit. Anders als bei der Entwicklung anderer neuer Wirkstoffe gibt es bei der Entwicklung und Vorhaltung von Reserveantibiotika kein nachhaltiges Geschäftsmodell. Es braucht deshalb dringend strukturelle Lösungen, die diese systemrelevanten Medikamente absichern.”

Im Oktober erst hatte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mitgeteilt, dass die Menge der in der Tiermedizin abgegebenen Antibiotika in Deutschland im Jahr 2024 wieder leicht gestiegen sei. Demnach wurden, verglichen mit dem Vorjahr, 34 Tonnen bzw. 6,4 % mehr Antibiotika eingesetzt. Im Vergleich zu 2011, dem ersten Jahr der Erfassung, ist der Rückgang mit um 67 % jedoch weiterhin hoch.

Was können Humanmedizin, Tiermedizin und der Umweltsektor erreichen, wenn sie gemeinsam an einer One Health Integrated Surveillance (OHIS) zum Thema antimikrobielle Resistenzen (AMR) arbeiten? Diese Frage wird am morgigen Donnerstag auf einer Fachveranstaltung im BVL in Berlin diskutiert.

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